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Rosa-Luxemburg-Konferenz, Berlin 2018

Mumias Rede (deutsche Übersetzung)

Schwarzer Widerstand im neuen Jahrhundert

Liebe Freunde auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz: Wie geht’s euch? Guten Tag! Ich möchte euch hier einige Einblicke in Kämpfe des schwarzen Amerika geben, von denen einige uns die Hoffnung geben, dass angesichts eines Systems der staatlichen Unterdrückung und Gewalt gegen schwarzes Leben derzeit neue Formen des Kampfes entstehen.

Mumia an der Rosa-Luxemburg-Konferenz 2018 Erstens hat die von drei nicht-weissen jungen Frauen gegründete Bewegung Black Lives Matter die Aufmerksamkeit von jungen Aktivistinnen und Aktivisten in den ganzen USA auf sich gezogen und das Augenmerk der Öffentlichkeit auf den staatlichen Terrorismus der US-Polizei und ihre Gewalttätigkeit gegen schwarzes Leben gelenkt. Überraschenderweise nahmen an vielen der Demonstrationen von Black Lives Matter ebenso viele weisse Aktivisten teil wie schwarze. Aber diese Bewegung geht weit über Demonstrationen hinaus. In mindestens drei US-amerikanischen Städten, Sanford in Florida, Chicago in Illinois und Philadelphia in Pennsylvania, habe Aktivistinnen und Aktivisten von BLM eine entscheidende Rolle bei der Entlassung oder Auswahl örtlicher Staatsanwälte gespielt. Sie sorgen für Veränderungen auf der Basisebene. Sie haben gegen Politiker und Politikerinnen protestiert, Sitzstreiks an Versammlungsorten der Polizei-"Gewerkschaften" organisiert und die Politik dazu gezwungen, die Namen und die Fälle von Leuten öffentlich zu machen, die von Polizisten getötet wurden.

Zweitens entwickelt sich besonders im Süden eine Bewegung gegen die politische Rechte. Geführt von einem Prediger, Pastor Dr. William Barber, hat diese Bewegung sich bewusst auf das gestützt, was Pastor Barber als "Fusionspolitik" bezeichnet hat, das heisst, auf pragmatische Koalitionen, die die Trennlinien von "Rasse", Ethnie, Klasse und Geschlecht überschreiten. Sie hat mittels der gewerkschaftlichen Organisierung besitzloser Arbeiterinnen und Arbeiter für wirtschaftliche Rechte gekämpft, sie ist gegen die rechtliche Stigmatisierung von Menschen aus dem LGBTQ-Spektrum aufgestanden, sie hat sich gegen die Todesstrafe ausgesprochen und sie ist zu einer Kraft geworden, mit der man im Staat ihrer Geburt, North Carolina, mittlerweile zu rechnen hat. Pastor Barber hat ein Buch namens The Third Reconstruction geschrieben, ein Titel, der auf die Epoche nach dem US-Bürgerkrieg, die Ära der US-Bürgerrechtsbewegung in den 1960ern und natürlich auch auf die Jetztzeit verweist, in der Menschen mittels dieser Fusionspolitik versuchen, den Aufschwung der Rechten im Süden - und nach dem Amtsantritt Donald Trumps im gesamten Land - zurückzuschlagen.

Pastor Dr. Barber zufolge brennen Menschen überall im Süden der USA darauf, sich dieser multiethnischen, multikulturellen und an etlichen Fronten kämpfenden Bewegung anzuschliessen. Pastor Dr. Barber ist ein Anhänger des verstorbenen Pastors Dr. Martin Luther King, Jr. und seine Bewegung orientiert sich ganz klar an der Bürgerrechtsbewegung, deren bedeutendste Figur King war. Aber ausserdem ist sie auch Frucht der schrecklichen Geschichte der USA, einer Geschichte von Sklaverei, Brutalität und wirtschaftlicher Ausbeutung in epischem Ausmass. So sehen wir den abrupten Ausbruch sozialer Bewegungen überall im schwarzen Amerika, einem Amerika, das sowohl geografisch als altersmässig gespalten ist.

Die Jungen, die ungeduldig einen sofortigen Wandel verlangen, stürzen sich in das lärmende Ungestüm von Black Lives Matter. Erwachsene im mittleren Alter, besonders die, die eher religiös sind, fühlen sich von dem am Vorbild Kings orientierten Moral Mondays Movement angezogen, für das Pastor Dr. Barber ein Beispiel ist und das schon die Unterstützung von Zehntausenden gewinnen konnte. Beide Bewegungen spiegeln eine tiefe Unzufriedenheit mit dem Status Quo in den heutigen USA mit seinen schreienden Widersprüchen wider. Gleichzeitig reflektiert die Spaltung auch eine Realität schwarzen Lebens, und zwar sowohl im Norden (wo Black Lives Matter dominiert) als auch im Süden (wo die Moral Mondays Movements überwiegen). Beiden gemeinsam ist jedoch noch etwas, was in der Bewegung der 1960er noch nicht so klar ersichtlich war: Inzwischen haben sich weisse, asiatische, Latino, muslimische, jüdische und schwule Aktivistinnen und Aktivisten dieser Bewegung angeschlossen, die doch ursprünglich aus dem Kampf und der Qual von Schwarzen entstand.

Diese multikulturellen Verbündeten, Unterstützerinnen und Unterstützer verhelfen diesen Bewegungen zu stärkerer Anziehungskraft, grösserer Glaubwürdigkeit und mehr Gewicht. Es ist jetzt nicht mehr so leicht wie früher, schwarze Aktivistinnen und Aktivisten zu isolieren. In den Sozialwissenschaften in den USA ist derzeit der Begriff der Intersektionalität das heisse Thema. Die Bewegungen haben diese Theorie übernommen und setzen sie nun in die Praxis um.

Rosa-Luxemburg-Konferenz 2018 Bemerkenswert ist auch, dass wir diese Bewegungen jetzt, im kalten Nachglanz des Zeitalters von Obama, wachsen, sich verbreitern und erstarken sehen. Tatsächlich war Black Lives Matter schon in der letzten Zeit der Präsidentschaft Obamas sehr aktiv, aber mit der Wahl Trumps ist die Bewegung noch einmal stärker geworden. Übersehen wir jedoch nicht, dass viele ihrer Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten schon der Weigerung Obamas, sich ihrer wichtigsten Anliegen wirklich anzunehmen, sehr kritisch gegenübergestanden und auch sehr wenig Begeisterung für die Option einer neoliberalen Präsidentschaft Hillary Clintons gezeigt hatten, besonders, nachdem Videos von ihr auftauchten, in denen sie schwarze und Latino-Jugendliche als "Super-Raubtiere" bezeichnete, die man wie Hunde "gefügig machen" muss!

So sehen die Alternativen in den heutigen Vereinigten Staaten von Amerika aus!

Vielen Dank! Auf Wiedersehen! Hier spricht Mumia Abu-Jamal.

Mumia Abu-Jamal speaking at the Rosa-Luxemburg-Conference 2018
Dt. Übersetzung - Bundesweites FREE MUMIA Netzwerk www.freiheit-fuer-mumia.de

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Programm

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Video von der Konferenz

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Free Mumia - impressions from 2018 Rosa-Luxemburg-Conference feat. Mumia Abu-Jamal

On January 13, 2018 Mumia Abu-Jamal gave a speech on "Black Resistance in the New Century", describing Black Lives Matter and the Moral Mondays Movement in the US. Additionally others spoke on Mumia himself, his ongoing legal battle to receive justice and his dire health situation, which is not addressed by the private prison health care system run by Correct Care Solutions and the Pensylvanian authorities. More than 2000 people heard from and about Mumia on this day and many got involved supporting this journalist, who has been wrongly incarcerated for over 36 years now.

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Radiobericht über Mumia Abu-Jamal auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz 2018

Am 17. Januar 2018 wurde eine neue Ausgabe von Radio Aktiv Berlin mit einer (dt. synchronisierten) Rede von Mumia Abu-Jamal sowie weiteren aus der Solidaritätsbewegung in Potsdam und Berlin ausgestrahlt. Nun gibt es auch einen Podcast:

Radio Aktiv Berlin vom 17.01.2018...

+++ 1. Sendeschwerpunkt: Mumia Abu-Jamal auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz 2018 in Berlin - Mitschnitt seiner Rede über den aktuellen schwarzen Widerstand in den USA, eine Rednerin aus der Solidaritätsbewegung sowie ein dokumentierter Haftbesuchsbericht aus den USA, der detailliert auf Mumias Gesundheitsprobleme und den Prozess in dieser Woche eingeht.

Zum Podcast...

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